Warum die Exkursion zum Natura-2000-Tag in Vichel so spannend war

von LPV - Redaktion

Wenn die Zwergfledermaus 3000 Mücken in einer Nacht frisst, verdoppelt sie ihr Gewicht. Vor dem Beutezug wiegt sie acht Gramm, nach der Mahlzeit 16 Gramm. Diese und viele andere Informationen gehörten zur Exkursion am Samstag, 25. Mai, in Vichel. Die Route führte die 20 Besucherinnen und Besucher durch das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) „Oberes Temnitztal Ergänzung“ zwischen Vichel und Garz. Dabei handelt es sich um ein schmales, lineares Schutzgebiet ohne Auen. Die Parkanlagen in Vichel und Garz gehören zum FFH-Gebiet.

Die dreistündige Wanderung gehörte zum Programm anlässlich des Natura-2000-Tages. Das Brandenburger Natura-2000-Team Nordwest und der Landschaftspflegeverband (LPV) Prignitz-Ruppiner Land e.V. organisierten erstmals diese Veranstaltung. Die Exkursion durch das FFH-Gebiet „Oberes Temnitztal Ergänzung“ rückte seltene und geschützte Tiere, Pflanzen und Lebensräume in den Mittelpunkt.

Die Wanderung leiteten Sylvia Geisel und Judith Reinsperger vom Natura-2000-Team Nordwest, Frank Berhorn als Leiter der Natura-2000-Teams beim Naturschutzfonds Brandenburg und Andreas Bergmann, Vorsitzender LPV Prignitz-Ruppiner Land e.V.

Insgesamt fünf Natura-2000-Teams arbeiten in Brandenburg. Dabei handelt es sich um eine Kooperation des Landesamtes für Umwelt (LfU) und der Stiftung Naturschutzsfonds (NSF) Brandenburg. Gemeinsam sind sie auf Flächen außerhalb der Großschutzgebiete tätig. Die Teams organisieren den Vertragsnaturschutz, kontrollieren die Gebiete, bereiten Förderprojekte vor oder vernetzen Akteurinnen und Akteure aus Landwirtschaft und Naturschutz. Grundlage für die Arbeit des Natura-2000-Teams Nordwest ist ein Managementplan aus dem Jahre 2020.

Die Kleine Flussmuschel soll in diesem FFH-Gebiet wieder angesiedelt werden. „Wir haben bisher keine aktiven Bestände gefunden“, sagte Frank Berhorn. Der Bitterling ist der Wirtsfisch der Kleinen Flussmuschel und in der Temnitz nachgewiesen. „Das gibt uns Hoffnung“, so Frank Berhorn. Der Bitterling gehört im FFH-Gebiet zu den Tierarten, die erhalten bleiben sollen.

Judith Reinsperger wies auf eine mächtige Totholz-Eiche im Park in Vichel hin. Der Eremit, eine seltene und unauffällig lebende Käferart, könnte dieses Biotop als Lebensraum nutzen. „Eremiten sind auf Mulmhöhlen im Baum mit 50 Liter Fassungsvermögen angewiesen“, sagte Reinsperger. Bei Mulm handelt es sich um Holz, das anfängt, sich zu zersetzen. Eremiten sind träge und standorttreu. Der Eremit ist in Vichel nicht nachgewiesen, benötigt aber Biotope wie die Totholz-Eiche.

Berg- und Flatterulme stehen im Park in Vichel. Ein Pilz aus Asien ist die Ursache für das sogenannte Ulmensterben in Deutschland. „Seit den 1970er Jahren wird dieser Pilz eingeschleppt“, sagte Judith Reinsperger. Wegen der internationalen Handelsrouten gelangt der Erreger immer wieder nach Deutschland. „Der Pilz verstopft die Leitungsbahnen in den Ulmen, dann vertrocknen die Bäume“, sagte Judith Reinsperger.

Sylvia Geisel wies am Lebensraum Temnitz auf Spuren des Fischotters hin. Der unter Schutz stehende Fischotter soll wie der Bitterling im FFH-Gebiet erhalten bleiben. Hecht, Bachforelle oder Plötze leben ebenfalls in der Temnitz.

Andreas Bergmann erläuterte die landwirtschaftliche Nutzung in unmittelbarer Nähe zur Temnitz. „Die Gewässerrandstreifen werden von der Landwirtschaft frei gelassen. Hier greifen Landwirtschaft und Gewässerschutz gut ineinander“, so Andreas Bergmann.

Die Gruppe entdeckte bei der Exkursion entlang der Temnitz auch Baldrian, Sumpfiris oder Stumpfblättrigen Ampfer. Die Veranstaltung stieß beim Publikum auf großes Interesse, denn neben den Vorträgen stellten die Besucherinnen und Besucher immer wieder auch Fragen zum Schutzgebiet.

Der Natura-2000-Tag wird jedes Jahr europaweit am 21. Mai begangen. Natura-2000-Gebiete sind ein Netz von grenzüberschreitenden Schutzgebieten in der Europäischen Union. Mit Veranstaltungen wie dieser Exkursion durch das FFH-Gebiet wird an die gemeinsame Verantwortung für den Erhalt der biologischen Vielfalt erinnert.

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